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Ein Plädoyer für die Walnuss

„Breit und behäbig lag der Hof neben dem alten Nussbaum ... .“ Das Bild könnte die Idylle eines Heimatromans heraufbeschwören: Nussbäume haben über Jahrzehnte das Bild unserer Dörfer genauso geprägt wie die Dorflinde und die Kastanien im Biergarten. Ihre Früchte gehörten zum Erntedank und weckten die Vorfreude auf Weihnachtsgebäck.

10.10.2021

Dabei gab es durchaus einen guten Grund, warum der Hausbaum vor dem Fenster gerade ein Nussbaum war. Zerreibt man die Blätter, nimmt man einen aromatischen Duft war: Nussbäume sondern ätherische Öle ab, deren Geruch Mücken und Fliegen vertreibt. Sie sondern über die Blätter auch Zimtsäure und ein Glucosid ab, die auf andere Pflanzen keim- und wachstumshemmend wirken. So ist der Boden unter Nussbäumen spärlicher bewachsen.

Laut Welternährungsorganisation FAO wurden 2019 knapp 4,5 Millionen Tonnen Walnüsse (mit Schale) geerntet. Marktführer ist China, aus dem über die Hälfte der Erntemenge stammt, vor den USA, Iran, Türkei und Mexiko. Von unseren Nachbarländern taucht nur Frankreich mit etwa 35.000 Tonnen an zehnter Stelle in den Top Ten der Statistik auf, Deutschland gar nicht. Regionale Walnüsse im Handel - Fehlanzeige. Das gilt auch für Ware aus dem Bioladen. Der bayerische Landesverband für Gartenbau und Landespflege e.V. veröffentlichte die Ergebnisse seiner Recherche bei bekannten Ölmühlen, Biomarken, bei Aldi und BÄKO. Polen ist noch das nächstliegende Herkunftsland. Nüsse aus Rumänien und Moldawien reisen quer durch Europa, solche aus Indien, Kirgistan, den USA und Chile gar um die halbe Welt. Deutsche oder gar bayerische Walnüsse spielen im Vertrieb der Lebensmittelfirmen keine Rolle.

Aber es geht nicht nur um zu lange Transportwege. Die Walnüsse aus den großen Erzeugerländern stammen nicht von einzelnen mächtigen Bäumen in Dörfern oder deren Flur, sondern aus Plantagenanbau in Monokultur. Es ist müßig, darauf hinzuweisen, dass diese Form des Anbaus mit entsprechendem Einsatz von Insektiziden und anderen Pflanzenschutzmitteln einher geht. Üblicherweise werden die Nüsse von den Bäumen geschüttelt, in Reihen gefegt, aufgenommen und zur ersten Säuberung und anschließenden Trocknung gebracht. Danach kommen die Nüsse zur eigentlichen Verarbeitung, wo sie zunächst durch Begasung desinfiziert werden. Ungeschält an Endverbraucher zu verkaufende Nüsse werden zunächst maschinell nach Größe sortiert, leere Nüsse abgesaugt, danach wird von Hand sortiert. Zuletzt werden sie wahlweise abgebürstet, gewaschen oder geschwefelt und gebleicht (mit Natriumhypochlorit oder Wasserstoffperoxid), um ihren Verkaufswert zu erhöhen. Zur Erleichterung der Schälung werden die geschlossenen Nüsse nach Kerngröße sortiert. Spezielle Knackmaschinen, sogenannte dragon crackers, brechen die Schale auf und trennen die Bestandteile voneinander. Leichte Schalenteile und kleine Kernteile werden ausgeblasen und nach Größe ausgesiebt. Anschließend wird die Ware auf einem Band mit Laser abgetastet und die Schalenteile mit einzeln ansteuerbaren Pressluftdüsen rechnergestützt aussortiert. Nachdem die Laser-Sortieranlage mehrmals durchlaufen wurde, erfolgt zum Abschluss eine Sichtung durch Arbeiter.

Wir hätten also guten Grund, in und um unsere Dörfer wieder mehr Nussbäume zu pflanzen und unsere Walnüsse selbst zu sammeln. Eine erste Initiative für eine Vermarktung und Verwertung regionaler Walnüsse gibt es bereits in Franken und auch auf dem Traunsteiner Apfelmarkt werden immer wieder neben Äpfeln auch Walnüsse von heimischen (Streuobst-) Bäumen angeboten und gerne gekauft. Beim Thema Streuobstwiese als Ausgleichsfläche sollten wir jedenfalls nicht immer nur an den vergleichsweise kleinen Apfelbaum denken, sondern uns auch an die landschaftsprägenden mächtigen Nussbäume.

Forstwissenschaftler sagen der Echten Walnuss aber auch eine Zukunft im Wald voraus. Die Walnuss gehört zu den Baumarten, die angesichts des Klimawandels als Nebenbaumarten für den Waldumbau empfohlen werden. Ihre größte Schwäche ist ihre Empfindlichkeit bei Spätfrösten, mit der allgemeinen Erwärmung vergrößert sich ihr mögliches Anbaugebiet. Dafür erreicht sie mit ihrem tief wurzelnden Pfahl-Herzwurzelsystem auch bei austrocknenden Böden noch Wasser und ist sturmfest. Im dichten Bestand wächst sie schlank wie eine Buche. Große Hoffnungen werden auch auf eine Kreuzung mit der Schwarznuss gesetzt. Man erwartet, dass diese Hybriden im Vergleich zur Walnuss frosthärter und zudem resistent gegen das Schwarznusssterben sind.

Das Holz der Echten Walnuss ist ein begehrtes Edelholz, dessen Verwendung auf hochwertige Gegenstände beschränkt ist. Es stammt in der Regel von ehemaligen Fruchtbäumen, da ein gezielter Anbau der Walnuss für die Holzproduktion nur ansatzweise vorhanden ist. Nussbäume werden nicht wie andere Nutzbaumarten gefällt, sondern mit dem Wurzelstock ausgegraben. Die untersten Stammteile, die „Maserknollen“ von Walnussbäumen, die oft an Veredelungsstellen durch die aufgepfropften Reiser entstehen, sind die für die Herstellung von Furnieren wertvollsten Stammabschnitte. Sie liefern fein geaugte, wertvolle Maserfurniere. Weiterhin stellt man aus Astgabelungen Pyramidenfurnier her. Besonders beliebt ist das Holz ferner zur Herstellung von Uhrengehäusen, Musikinstrumenten, Parkett, Chorgestühl in sakralen Bauten, Schachfiguren und anderen Drechsler- und Schnitzerwaren. Nussbaumholz wurde aufgrund seiner ausgezeichneten physikalischen und ästhetischen Eigenschaften zum Ersatz von Tropenholz.