Zur Startseite
  • EU-Wahl 2024
  • Aktuelles
  • Kinder+Jugend
  • Newsletter

Was wir tun können

Veranstaltungen

Frühere Aktionen

  • Home  › 
  • Wald  › 
  • Nach dem Sturm

Nach dem Sturm

Vor einem Jahr, am 28. Juli 2021 kam es in den Gemeinden Obing, Pittenhart, Kienberg und Trostberg zu einem lokalen Gewitterereignis, das im Wald auf rund 320 Hektar, inklusive der Randbereiche sogar auf rund 500 Hektar große Schäden hinterließ. Wie sieht es heute auf diesen Flächen aus und welche Konzepte werden verfolgt, damit hier wieder Wald wächst?

18 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich an der Pestkapelle bei Obing zu einer gemeinsamen Exkursion der Kreisgruppe Traunstein des BUND Naturschutz und des AELF Traunstein unter Führung von Revierförsterin Petra Bathelt, um diesen Fragen nachzugehen.

Von Christian Rutkowski

Waldexkursion - ein Jahr danach

Die rund 300 betroffenen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sahen sich einer Schadholzmenge von über 100 000 m³ Holz gegenüber. Damit die Flächen überhaupt wieder sicher betreten werden konnten und um einer nachfolgenden Vermehrung des Borkenkäfers zuvorzukommen, wurden viele Flächen mit einem Großaufgebot schwerer Forstmaschinen geräumt. Zum damaligen Zeitpunkt war der Einschlag in Deutschland begrenzt und es gab keine Probleme, diese Arbeiten zu organisieren und das Holz abzusetzen.

Frau Bathelt wies darauf hin, dass bei der Räumung ein Befahren der ganzen Fläche vermieden und von Gassen aus gearbeitet wurde. Stumpen und Wurzelteller wurden großteils belassen. Nach Ansicht von Teilnehmern hätten jedoch deutlich mehr Hochstumpen als stehendes Totholz verbleiben können, selbst wenn es sich fast ausschließlich um Fichten gehandelt hätte. Sie sahen darin Vorteile für die Biodiversität und als Schattenspender. Das AELF vertrat dagegen die Ansicht, dass auch wenn mehr Totholz wünschenswert wäre, Fichtenstumpen aus Waldschutzgründen nicht stehen gelassen werden können und dürfen.

Extremeres Kleinklima und Verbissschäden

Auch wenn der Nährstoffkreislauf unterbrochen wurde, es handelt sich um nährstoffreiche, gute (Wald-)Böden, auf denen jetzt die schützende und regulierende Überschirmung der Altbäume fehlt. Statt eines ausgeglicheneren, feuchteren Waldinnenklimas herrscht auf den Flächen jetzt ein extremeres Kleinklima mit direkter Sonneneinstrahlung, Wind und Trockenheit. Wie sehr Spätfrost zum Problem wird, konnten die Teilnehmer an vielen erfrorenen Tannentrieben ablesen.

Die auch auf diesen Flächen reichlich vorgefundene Naturverjüngung von Tanne und Eiche weist sehr starke Verbissschäden auf und wird sich nicht zu Wertholz entwickeln können. Die gepflanzten Bäume wurden einzeln geschützt. Hier besteht die Verpflichtung, das Plastikmaterial abzubauen und sachgerecht zu entsorgen, wenn die Bäume der Schutzhülle entwachsen sind. Unterbleibt dies, handelt es sich rechtlich um eine illegale Müllentsorgung. Nach Ansicht von Teilnehmern wäre eine Einzäunung der Fläche nicht mehr Aufwand gewesen, hätte aber alle aufkommenden Bäume (gepflanzt und natürlich aufkommend) geschützt, wie dies auf angrenzenden Flächen sichtbar wurde. Es bestand Einigkeit darin, dass der grundsätzlich zu hohe Verbissdruck im Gebiet das größte Problem bei der Wiederbewaldung darstellt. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die Jäger ihrer Verantwortung für das Aufkommen zukunftsfähiger Mischwälder konsequenter nachkommen müssen!

Auf den jetzt besonnten Flächen breiten sich Brombeere, Hohlzahn, Springkraut und andere Begleitflora schnell aus und bedrängen Naturverjüngung wie Pflanzung. Speziell die Brombeere wird von den Teilnehmern sehr unterschiedlich beurteilt, denn sie ist auch eine der wenigen verbliebenen Futterquellen und hindert das Rehwild, auf der ganzen Fläche zu äsen. Teilnehmer sprachen sich für das verstärkte Einbringen an geeigneten Stellen von Erlen- und Pappelstecklingen aus, um durch einen Vorwald Schatten auf die Fläche zu bringen und die Begleitflora zurück zu drängen. Das AELF weist darauf hin, dass Pappelstecklinge von Energiewaldsorten aus forstfachlicher Sicht nicht empfohlen werden.

Es wurde auch diskutiert, inwieweit es überhaupt erfolgversprechend ist, Schlussbaumarten direkt auf die geräumte Fläche zu pflanzen oder ob die Wiederbewaldung nicht besser generell über einen solchen Vorwald angegangen wird. Am Beispiel einer Douglasie zeigte Frau Bathelt, dass auch Topfware teilweise nur schlecht verwurzelt und ein entsprechendes Ausfallrisiko hat.

Vorausverjüngung

Im Vergleich verschiedener Flächen wurde deutlich, dass ein vorhandener Unterwuchs mit Vorausverjüngung von einem solchen katastrophalen Windwurf zwar auch betroffen ist, ihn jedoch großteils ebenso übersteht wie die Aufarbeitung des Schadholzes. Damit ist der nachfolgenden Wiederbewaldung nicht nur einen Vorsprung von etlichen Jahren verschafft, sondern auch die negativen Folgen für Lokalklima, Boden (Nährstoffverluste durch Auswaschung auf der Kahlfläche) und konkurrierende Vegetation (Vergrasung und Verunkrautung) sind deutlich abgemildert. Bedingt durch den starken Verbiss ist leider auf den besuchten Flächen sehr wenig Vorausverjüngung vorhanden.

Die Sukzession erscheint oft als eine interessante Alternative, ist aber nach Aussage von Frau Bathelt gerade hier problematisch, da das Unkraut auf diesen Standorten meist schneller kommt als die Sukzession. Gerade auf den Standorten, auf denen die Fichte am wenigsten Zukunft hat, verjünge sich diese leider sehr gut, sodass wieder Fichtenbestände entstehen würden. Die meisten anderen Schlussbaumarten würden sich auf großen Kahlflächen meist nicht ausreichend verjüngen.

Fazit

Als Fazit der Veranstaltung bleibt, dass die Wiederbewaldung kein Selbstläufer, sondern eine mühsame und risikobehaftete Arbeit ist, für die der Gesetzgeber nach dem Bayerischen Waldgesetz aber konkrete Fristen setzt. Auch ein Mischwald hätte dem Sturmereignis nicht widerstehen können, aber eine rechtzeitige Vorausverjüngung vor dem Sturm hilft beim Neubeginn nach dem Sturm ungemein. Für die konkrete Arbeit gibt es verschiedene Ansätze und Konzepte von denen keines à priori richtig oder falsch ist. Welches am Ende erfolgreicher war, können wir erst in etlichen Jahren beurteilen. Ohne eine deutliche Absenkung des Schalenwildbestands und seines Verbissdrucks auf den Schadflächen ist jedoch sicher alle Mühe vergebens.

Abschließend sei an dieser Stelle noch auf das LWF Merkblatt 23 „Wiederbewaldung von Sturmflächen“ und das kostenlose Angebot einer Einzelberatung durch die Försterinnen und Förster des AELF Traunstein für Waldbesitzer hingewiesen.