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Auwald-Exkursion Juli 2018

Drunt' in der grünen Au sollte nicht nur ein Birnbaum stehen, sondern am Besten ein ganzer Auwald. Und das nicht nur an unseren großen Flüssen, an Salzach, Inn und Donau, sondern auch an unseren kleineren Fließgewässern wie zum Beispiel der Götzinger Ache.

Die Kreisgruppe Traunstein des BUND Naturschutz in Bayern e.V. hat auf ihrer fünften Waldexkursion am 20. Juli 2018 gezeigt, welche Bereicherung für unsere Landschaft und die Biodiversität solch ein Auwald sein kann. Die intensiven Diskussionen während der Exkursion zeigten aber auch auf, welche Herausforderungen für die Bewirtschaftung bestehen.

Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Traunstein statt. Als kompetente Ansprech- und Diskussionspartner begleiteten uns Klaus Wilm, zuständig für den Fachvollzug Natura 2000 und Gebietsbetreuer Wald sowie Revierförster Max Poschner. Etwa 20 Interessierte nahmen die Gelegenheit wahr, in Lackenbach, Gde. Kirchanschöring mehr über den Auwald an der Götzinger Ache zu erfahren.

In seiner Einleitung als Organisator der Veranstaltung ging Herr Rutkowski darauf ein, dass das Bayerische Landesamt für Wasserwirtschaft im Rahmen des Auenprogramms Bayern festgestellt hat, dass nur bei 3% der bayerischen Auen die ökologische Funktionsfähigkeit nicht oder nur wenig eingeschränkt sei. Bei 52% sei sie eingeschränkt oder sogar deutlich eingeschränkt und bei 45% sei sie stark oder sogar sehr stark eingeschränkt. Nähme man den Verlust an Auen durch die immer näher an die Gewässer heran reichende Nutzung als landwirtschaftliche Fläche, Siedlungs- oder Verkehrsfläche hinzu, würde deutlich, dass Auen und Auwälder zu den am stärksten bedrohten Lebensräumen in Bayern und darüber hinaus zählen würden. Es sei daher dem BUND Naturschutz wichtig, nicht nur auf die großen Auen an Donau, Lech, Isar, Inn und Salzach und einen möglichen Auen-Nationalpark zu blicken, sondern auch die Situation an den vielen kleineren Gewässern zu thematisieren. Der BUND Naturschutz wolle aber auch möglichst vielen Menschen etwas von der Faszination eines intakten großen oder kleinen Auwalds vermitteln.

Im Gegensatz zu dem vom Niederschlagswasser abhängigen Landwald wird der Auwald durch den Grundwasserstand und die periodischen Überflutungen geprägt. Auch die Unterscheidung von Weich- und Hartholzaue macht sich an diesen Faktoren fest. Für die Weichholzaue ist die von Weiden dominierte Vegetation aber nur eine mögliche Gesellschaft. An der Götzinger Ache wäre ein von Eschen und Erlen geprägter Wald zu erwarten, wie Herr Poschner und Herr Wilm ausführten. Sie zeigten an Karten auch auf, wie kleinteilig und wie verzahnt das Mosaik von Böden und Standorten im Exkursionsgebiet ist. Sie wiesen darauf hin, wie stark der schmale Auwald an einem kleineren Gewässer durch Randeffekte in seiner Zusammensetzung beeinflusst wird.

Für die Einordnung als prioritär zu schützender Lebensraum (Lebensraumtyp 91E0 * Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion) nach FFH-Richtline) wären Mindestanteile von 30% für Hauptbaumarten (Gemeine Esche Fraxinus excelsior und Schwarz-Erle Alnus glutinosa) alleine und 70% zusammen mit den Nebenbaumarten und Begleitbaumarten (Gewöhnliche Traubenkirsche Prunus padus, Winter-Linde Tilia cordata, Stiel-Eiche Quercus robur, Berg-Ulme Ulmus glabra, Flatter-Ulme Ulmus laevis, Berg-Ahorn Acer pseudoplatanus) gefordert. Die Teilnehmer stellten übereinstimmend fest, dass diese Anteile an der Götzinger Ache nicht erreicht werden, obwohl sich auf den ersten Blick ein sehr attraktives Bild bietet. Diese Situation dürfte typisch für viele Auenstandorte an kleineren Gewässern sein. Die Einordnung ist aber in vielen Fällen Voraussetzung für Fördermöglichkeiten, wie im weiteren Verlauf der Veranstaltung angesprochen wurde.

Fischotter und Biber kehren auch an der Götzinger Ache in die Au zurück. Ihre Spuren waren deutlich sichtbar, auch wenn derzeit keine Biberburg in der Götzinger Ache angelegt ist. Konflikte mit menschlicher Nutzung entstehen im Bereich der Fischteiche bei Lackenbach oder im Siedlungsgebiet durch Unterminierung der Ufer. Der intakte Auwald bietet den Tieren einen weniger konfliktträchtigen Lebensraum.

Auf die Frage nach überhängenden Ästen und freigespülten Wurzeln antwortete Frau Holzner vom WWA Traunstein, dass diese einen hohen Wert als Fischunterstand und für das gesamte Makrozoobenthos hätten. Im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen im Mündungsbereich der Götzinger Ache in die Salzach wären derartige Strukturelemente künstlich eingebracht worden. Ein Problem für den Hochwasserabfluss oder die Uferstabilität würde sich daraus nicht ergeben.

Herr Poschner wies auch auf die im Exkursionsgebiet sehr schön ausgeprägte Vegetationsgesellschaft des Waldmeister-Buchenwalds im Hangbereich oberhalb der eigentlichen Au hin. Die Au und die oberhalb angrenzenden Bereiche seien ungeeignete Standorte für Fichtenbestände. Diese wären wirtschaftlich nicht lukrativ, die Bäume erreichten in vielen Fällen nicht die dafür benötigten Stammdurchmesser. Der durch den Klimawandel bewirkte Temperaturanstieg und die Änderung des Jahresverlaufs des Niederschlags würden die Bedingungen weiter verschlechtern. Herr Straßer, Sprecher des Agrarbündnis BGL/TS, wies darauf hin, dass für den Alpen- und Voralpenraum ein doppelt so hoher Anstieg der mittleren Jahrestemperatur vorhergesagt wird wie im globalen Durchschnitt. Die Konzentration auf tief wurzelnde Baumarten auch im Auwald sei eine wichtige Vorsorge für zu erwartende längere Trockenperioden.

Im Talboden der Götzinger Ache trennt eine deutlich ausgeprägte Geländestufe die eigentliche Au mit ihren Gleyböden vom angrenzenden Landwald. Die unterschiedlichen Waldbilder waren für die Teilnehmer gut zu erkennen. Beide Bereiche bieten gute, nährstoff- und kalkreiche Böden, auf denen sich eine natürliche Verjüngung des Waldes mit einem breiten Artenspektrum einstellt. In beiden Bereichen finden sich fast alle einheimischen, standortgerechten Baumarten. Nur die Erle fehlt fast völlig. Sie ist auf Rohböden angewiesen und kann sich nicht in der Krautschicht durchsetzen. Rohböden finden sich an der Götzinger Ache als Auslauf des Waginger Sees nicht, da es zu keinen stärkeren Überflutungen kommt, die eine entsprechende Geschiebefracht ablagern. Eine Möglichkeit wäre, die Löcher von Wurzeltellern geworfener Fichten zu belassen.

Einen ganz eigenen Lebensraum im Exkursionsgebiet stellt eine nicht mehr genutzte ehemalige Streuwiese dar. Hier hat sich ein sehr lichter Wald mit einer Staudenflur etabliert, der Lebensraum für viele Insekten ist. Beate Rutkowski, Vorsitzende der Kreisgruppe Traunstein des BUND Naturschutz, erklärte die Bedeutung dieser Fläche als Jagdrevier für Fledermäuse und die notwendige Wechselbeziehung zwischen Jagdrevier und angrenzendem Wald mit Höhlenbäumen und Totholz als Schlafquartier für die im Wald lebenden Arten.

Die Auswirkungen des Eschentriebsterbens waren während der Exkursion unübersehbar. Herr Poschner setzte sich nachdrücklich dafür ein, befallene Eschen nur dort zu entnehmen, wo es die Verkehrssicherungspflicht gebiete. Nach der Gesetzeslage sei dies nur entlang öffentlich gewidmeter Wege der Fall. Herr Wilm zeigte sich davon überzeugt, dass die Esche als Art genauso überleben werde wie die Ulme. Die Entwicklung von Resistenzen sei heute erkennbar und werde intensiv erforscht, auch am ASP in Teisendorf. Für eine Erholung der Bestände sei aber Voraussetzung, dass nicht alle Eschen präventiv entnommen würden. Herr Bürgermeister Birner erklärte, in der Rechtssprechung habe es sich etabliert, eine Verkehrssicherungspflicht auch entlang abmarkierter Wanderwege und von Radwegen anzunehmen. Die Teilnehmer sprachen sich in diesen Fällen für eine vertraglich geregelte Übernahme der Haftpflicht aus. Das Risiko dürfe nicht beim privaten Waldbesitzer verbleiben, wenn Wander- oder Radwege neu angelegt würden. Herr Schindler, 1. Vorsitzender der WBV Traunstein, wies darauf hin, dass in vielen Fällen bei abgestorbenen Eschen das Holz nur im untersten Teil des Stamms zerstört und der Rest noch verwertbar sei. Die Fällung sei jedoch sehr riskant, da der Stamm oft spontan breche. Entsprechende Sicherungen seien unabdingbar.

Abschließend diskutierten die Teilnehmer über den möglichen wirtschaftlichen Ertrag aus einem Auwald. Das Holz der für den Auwald typischen Baumarten sei heute kaum nachgefragt. Erle war vor einiger Zeit ein Modeholz, aber der Markt sei völlig zusammen gebrochen. Heimische Erle wäre praktisch nicht erhältlich. Herr Schindler, selbst Auwaldbesitzer an der Alz, erklärte dass ihm auch sein Auwald einen Ertrag bringe, allerdings müssten Kosten und Erlös genau verglichen werden. Dabei sei die natürliche Verjüngung entscheidend und darüber hinaus spannend zu beobachten. Herr Poschner wies auf die Möglichkeiten der Förderung für das Belassen von Totholz und Biotopbäumen hin. Dies sei in vielen Fällen wirtschaftlicher als eine Bringung und Vermarktung der Stämme. Mit der Verwertung als Brennholz oder Hackschnitzel sei derzeit kein Ertrag zu erwirtschaften, da der Ölpreis dafür zu niedrig sei. Allerdings sei eine Förderung nur in einem prioritären Lebensraum und damit nicht in einem Auwald mit Anteilen von Fichte und Buche über zusammen 30% möglich.

Manfred Mertl, Leiter der UNB Traunstein, betonte, dass sich auch bei dieser Exkursion gezeigt hätte, wie wichtig eine Diskussion zwischen dem BUND Naturschutz, den Behörden, den Kommunen, den Grundeigentümern und anderen Verbänden vor Ort sei, bei der jeder von jedem lernen könne.

Christian Rutkowski

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