Zur Startseite

Was wir tun können

Natur & Garten

Wir über uns

Bachmuscheln im Landkreis Traunstein

Die Bachmuschel (Unio crassus)

Bachmuscheln gehören wie die Malermuscheln zu den Flussmuscheln. Bis vor etwa 60 Jahren war diese Muschelart sehr häufig und so weit verbreitet, dass sie oft sogar als Hühner- oder Schweinefutter diente. Heute ist sie europaweit gefährdet und nach Anh. II und IV der FFH-Richtlinie geschützt. Nach der Roten Liste Bayern und Deutschland gilt sie als "vom Aussterben bedroht" (RL1). Die Situation der vom Aussterben bedrohten Bachmuschel hat sich seit 1990 erheblich verschlechtert. Auch in unserem Landkreis sind zwei Vorkommen bekannt.

Lebensraum
Bachmuscheln benötigen kalk- und sauerstoffreiche Gewässer mit sauberem, sandig-kiesigen Substrat und einem Nitratgehalt von unter 2 mg/l, dazu naturnahe Ufer mit Auwäldern und regelmäßig überfluteten Auen. Eine stabile Schichtung des Sedimentes ist ebenso wichtig wie eine ausreichende Menge an organischem Kohlenstoff, z.B. aus Pflanzenmaterial wie Laub oder Schilf. Auch der Bestand an Wirtsfischen muss ausreichend hoch sein. Die Tiere sitzen gerne in Ufernähe, z.B. beschattet unter Baumwurzeln. Bachmuscheln sind Indikatoren für eine naturnahe, extensive Landbewirtschaftung und intakte Lebensgemeinschaften.

Nahrung
Die Nahrung besteht aus belebten und unbelebten Partikeln wie Algen, Einzeller, Bakterien und abgestorbenem Pflanzenmaterial. Die Muscheln filtern diese Partikel aus dem fließenden Wasser und tragen damit einen nicht unerheblichem Teil zur Selbstreinigungskraft des Gewässers bei.
 

Lebensweise
Aus den Muscheleiern schlüpfen nach 2-4 Wochen kleine Larven (Glochidien), die 1-3 Tage frei im Wasser leben, bevor sie sich in den Kiemen eines Wirtsfisches festsetzen. Hier leben sie etwa 2-4 Wochen, die Fische erleiden dabei keinen Schaden.
Weitere 1-2 Jahre graben sich die Jungtiere dann in das Sediment ein, in dieser Zeit muss gewährleistet sein, dass das Sediment gut durchlüftet ist und nicht verschlammt. Erosionseinträge in die Bäche sind daher ein sehr großes Problem für Bachmuscheln.
Die adulten Muscheln sitzen halb eingegraben im Bachbett, können auch über kurze Strecken von einigen Metern wandern und pflanzen sich dort weiter fort. Dabei werden von April bis Juli etwa 100.000 Eier pro Weibchen in das Wasser abgegeben und dort von schwimmendem Samen extern befruchtet.

Wirtsfische
Als Wirtsfische dienen: Dobel, Elritze, Nase, Nerfling, Rotfeder, Kaulbarsch, Mühlkoppe und Stichling.

Vorkommen
In Bayern gibt es nur noch wenige Bestände, die voneinander isoliert liegen. Nur acht Vorkommen haben mehr als 10.000 Individuen, eines davon befindet sich an der IschlerAchen in den Landkreisen Traunstein und Rosenheim. 25 Vorkommen, liegen zwischen 1000 und 10.000 Tieren und 65 Vorkommen haben weniger als 1000 Tiere, eines davon liegt an der Götzinger Achen in der Gemeinde Kirchanschöring.
Früher gab es auch am Laubenbach bei Waging ein Vorkommen, das inzwischen erloschen ist.

Gefährdung
Düngereinträge aus der Landwirtschaft, Erosionsmaterial von landwirtschaftlichen Flächen, Unfälle mit Biogas-Abfällen, Gewässerverbau, Grünlandumbruch und Bisamratten

Was können wir für den Schutz der Bachmuschel tun?

  • Bepflanzung von Bachufern zur Reduktion von Einträgen

  • Kauf, Pacht und Schutz von Uferstreifen

  • Vorsichtige Bachräumung ohne Verletzung der Bachsohle von Sep.bis Nov.

  • ggf. Räumungsverbot für Abschnitte mit Bachmuschelvorkommen

  • Verbesserung der Durchgängigkeit der Gewässer für den Fischschutz

  • regelmäßige Kontrolle der Gewässer auf Bisamratten

Die Kreisgruppe Traunstein hat entlang der Ischler Achen in den letzten Jahren 5 Grundstücke erwerben können und wird sich auch weiterhin für die Extensivierung in diesem Gebiet einsetzen.

Literatur: "Leitfaden Bachmuschelschutz", Landesamt für Umweltschutz, 2013 (Download beim Bestellshop der Bay. Staatsregierung www.bestellen.bayern.de möglich)


Pilotprojekt Bachmuschel-Rettung an der Ischler Achen

Die Bachmuschel (Unio crassus) ist eine wertvolle Molluskenart, die Gewässer filtert und reinigt und früher sehr häufig in Bayern war. Noch vor ca. 20 Jahren war die Ischler Achen eines der wichtigsten Bachmuschel-Gewässer in Bayern mit über 10.000 Tieren. Heute finden sich laut neuesten Kartierungen nur noch etwa 100 Tiere im gesamten Bachlauf vom Eschenauer See bis in die Alz. Lediglich die Malermuschel sowie die Teichmuschel sind noch in etwas größerer Zahl zu finden.

Um den Bachmuschel-Bestand zu sichern, wurden nun in einem Biodiversitätsprojekt der Regierung von Oberbayern, gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde, der Biodiversitätsberatung der Landkreise TS und RO und dem Wasser- und Bodenverband unter der fachlichen Leitung von Dr. Melanie Müller (Büro naquawi) auf den Grundstücken des BUND Naturschutz Traunstein erste Renaturierungsmaßnahmen entlang der Ischler Achen umgesetzt.

Für die Erholung der Muschelbestände ist es wichtig, auch die für die Entwicklung der Muschellarven notwendigen Fischbestände zu stützen. Denn Muscheleier entwickeln sich in den Kiemen z. B. von Aitel, Äsche oder Forelle zu Larven, die dann nach einiger Zeit abfallen und sich selbstständig im Bachsediment weiter entwickeln können.

Strukturvielfalt mit Versteckmöglichkeiten, Bereiche mit unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten und ein kiesiger Untergrund als Laichplatz sind für die Fischpopulationen wichtig. 
Aus diesem Grund wurden mit dem Bagger mehrere Uferbuchten angelegt, um ruhigere und sandige Flachwasserzonen zu schaffen, die sich nicht nur als Laichplätze für Fische, sondern auch als Muschelbänke sehr gut eignen. Zudem wurden Baumwurzeln als Versteckmöglichkeiten für Fische eingebracht, die mit dem sich bildenden Algenfilm auch als Nahrungsquelle für Jungfische notwendig sind.

In den nächsten Wochen sollen dann noch gemeinsam mit der Ortsgruppe entlang der neuen Uferlinie bachbegleitend Gehölze gepflanzt werden. Ihre Beschattung des Baches mindert dann hoffentlich künftig den Aufwuchs von dichten Matten an Wasserpflanzen (Makrophyten), die sowohl die Fischvorkommen, als auch das Wachstum von Muschelbänken extrem beeinträchtigen.

Das Projekt wird mit Geldern der Marcel-Dittrich-Stiftung unterstützt und fachlich auch von der Fischereifachberatung Oberbayern begleitet.

In den nächsten Jahren sollen entlang weiterer Ufergrundstücke des BN ähnliche Maßnahmen umgesetzt werden, auch einige private Grundeigentümer haben schon Bereitschaft angekündigt, ebenfalls Maßnahmen umzusetzen. So hoffen wir, mit diesem Pilotprojekt den Startschuss zur kompletten Renaturierung der Ischler Achen zur Steigerung der ökologische Vielfalt und zur Rettung der Bachmuschel gegeben zu haben. 
 


Renaturierungsmaßnahmen an der Ischler Achen südlich von Karlswerk

Noch vor 25 Jahren wurde die Ischler Achen als ein Gewässer mit einem der größten Bachmuschelvorkommen in Bayern genannt, über 10.000 Tiere sollen es gewesen sein. Heute ist diese Art so selten geworden, dass sie auf der Roten Liste Bayern als vom Aussterben bedroht (RL 1) gelistet wird.

Bei der Kartierung 2007 waren es nur noch etwa 1500 Exemplare, in 2024 wurden auf den ersten 1,3 Kilometern flussab des Eschenauer Sees noch relativ viele Bachmuscheln gefunden, weiter flussabwärts - wenn überhaupt - nur noch Einzeltiere. Insgesamt ist der Bestand auf wenige Dutzend eingebrochen.
Ähnlich sieht es mit dem Fischbestand aus: Noch vor zwanzig Jahren gab es im Bach laut Angaben des damaligen Fischereiberechtigten viele Fischarten, darunter auch die heute seltene Nase.

Aitel und Nase sind zwei wichtige Wirtsfischarten für die Entwicklung der Bachmuschel. Die Muscheleier werden ins Wasser abgegeben, die Fische nehmen sie beim Einatmen mit auf und in den Fischkiemen entwickeln sich dann Larven aus den Eiern. Ab einer gewissen Größe fallen die Larven ab und wachsen im Bachbett weiter zu adulten Muscheln. 
Heute ist die hauptsächliche Wirtsfischart in der Ischler Achen der Aitel, während die Nase  nicht mehr nachgewiesen werden kann.
Stützungsmaßnahmen für die Bachmuschel müssen daher immer auch verknüpft sein mit  Verbesserungen des Lebensraumes für die Wirtsfische.

Die erschreckende Entwicklung der Bachmuschelbestände hatte den amtlichen und den ehrenamtlichen Naturschutz auf den Plan gerufen. Gemeinsam mit der Regierung von Oberbayern, der Unteren Naturschutzbehörde, den Wasserbehörden und der Fischereifachberatung wurde durch Dr. Melanie Müller vom Planungsbüro naquawi ein Renaturierungskonzept erarbeitet, das nun schrittweise gemeinsam mit dem BUND Naturschutz, den Grundeigentümern und dem Wasser- und Bodenverband umgesetzt werden soll.

Im November 2025 wurden auf einer Uferstrecke von ca. 70 Metern entlang eines Grundstückes, das sich im Besitz des BUND Naturschutz befindet, Renaturierungsmaßnahmen umgesetzt. 
Mit einem Bagger wurden drei Uferbuchten angelegt, zwei kleinere und eine größere mit einer vorgelagerten kleinen Schilfinsel.
Damit wurden Flachwasserbereiche mit unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten und sandig-kiesigem Untergrund geschaffen, die sowohl als Laichplatz für Fische als auch als Substrat für Muschelbänke geeignet sein dürften

Um künftig eine ausreichende Beschattung der Buchten zu ermöglichen und damit auch den Makrophytenaufwuchs einzudämmen wurde nach den Baggerarbeiten das Ufer mit standorttypischen Bäumen (z.B. Öhrchenweide und Schwarzerle) und Sträuchern (z.B. Kreuzdorn) bepflanzt, ebenso die kleine vorgelagerte Schilfinsel.
Viele Helfer des BN aus dem ganzen Landkreis Traunstein und auch aus dem Landkreis Rosenheim haben sich an den Arbeiten beteiligt.

Die Kreisgruppe bedankt sich bei der Marcel-Dittrich-Stiftung für die großzügige Spende, mit der die Maßnahmen umgesetzt werden konnten. Die Bäume und Sträucher hat die BN-Ortsgruppe „Seeon-Seebruck“ aus Spendengeldern finanziert.