Die Neue Gentechnik – eine Katastrophe für Umwelt, Ökolandbau und Verbrauchergesundheit
Bei der in den letzten Jahrzehnten entwickelten konventionellen Gentechnik wurden artfremde Gene in einen Zellkern eingefügt und damit ein gentechnisch veränderter Organismus (GVO) erzeugt.
Dabei sind 99 % der GVOs entweder resistent gegen Herbizide oder gegen Insektizide oder beides. Diese Resistenzen können auch an andere Arten weitergegeben werden, die Erfahrungen haben gezeigt, dass durch erworbene Resistenzen bei Schädlingen oder Beikräutern der GVO-Anbau zu mehr Pestizideinsatz und damit zu einem Verlust der Biodiversität geführt hat.
Und das ist nur eine negative Folge der Agrogentechnik.
Der BUND Naturschutz hat sich darum von Anfang an gegen den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft gewehrt – erfolgreich, denn seit 2009 ist Bayern gentechnikanbaufrei.
Doch nun drohen neue gentechnisch veränderte Organismen ohne ausreichende Prüfung und Kennzeichnung auf den Markt zu kommen, damit ist die Gentechnikfreiheit in Gefahr!
Was ist die Neue Gentechnik?
Die sogenannte Neue Gentechnik (seit 2012) kann mit Hilfe einer Enzym-Genschere einzelne Teile eines Genoms ausschneiden, neue Genteile einbauen oder Genabschnitte verändern. Auch die Aktivität eines Genes kann sich verändern. Dieses Verfahren nennt man Genom-Editing, damit entstehen veränderte Organismen (NGO). Dabei entstehen an den Schnittstellen Brüche in der DNA, die die Zelle selbst repariert. Der Vorgang ist nicht steuerbar und dabei können Veränderungen (Mutationen) entstehen. Die Genscheren arbeiten zudem unpräzise, so dass auch ähnliche Stellen geschnitten werden, also unbeabsichtigte Genveränderungen geschehen können.
Mit der neuen Gentechnik wird den Landwirten und Verbrauchern viel versprochen: hornlose Tiere, Virusresistenz, Pilzresistenz, neue Inhaltsstoffe (Fette, Duftstoffe, Proteine…), Sterilität bei Moskitos usw.
Vieles ist aber noch nicht marktreif, da die Forschung weit hinterherhinkt. Trotzdem sollen schon in Kürze die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, um die Neue Gentechnik in der EU zu etablieren und den Konzernen Tür und Tor zu öffnen.
Wie gefährlich ist die Neue Gentechnik?
Kleine Veränderungen im Erbgut können erhebliche Folgen für den Stoffwechsel der Organismen haben. Es können unbeabsichtigte Effekte auftreten:
• Verlust von DNA am Zielort
• Umlagerungen von Genen in den Chromosomen
• Schnitte auch an anderen Stellen
• Veränderungen von mRNA führen zur Bildung neuer und fremder Proteine
• Trennung gekoppelter Gene
• Bildung toxischer Inhaltsstoffe
Die Folgen der Neuen Gentechnik sind ganz ähnlich wie bei der konventionellen Gentechnik:
Pflanzen und Tiere entwickeln neue Eigenschaften, die aber aufgrund der oft unbekannten vielfältigen Einflüsse eines Genes in der Zelle nicht genau vorhergesagt werden können.
Durch neue Inhaltsstoffe können Pflanzen ungesünder werden, weil z. B. der Gehalt an gesättigten Fettsäuren steigt, während der Gehalt an gesunden mehrfach ungesättigten Fettsäuren sinkt (Beispiel NGO-Soja).
Eine Verstärkung der Fitness von Pflanzen könnte zur Bildung invasiver Arten führen.
Die Probleme von Auskreuzung und Vermischung sind wie bei der konventionellen Gentechnik nicht gelöst, Regelungen für eine Koexistenz in der Landwirtschaft sind nicht vorhanden und wären kaum erfüllbar.
Auch wenn das immer wieder versprochen wird: Bisher ist es noch nicht gelungen, mit der Neuen Gentechnik bestimmte Eigenschaften wie z. B. Trockenheitsresistenz zu entwickeln. Bisher ist noch keine einzige klimaresiliente NGT-Pflanze auf dem Markt, da solche Eigenschaften vom Zusammenspiel vieler Gene abhängen und nicht durch Veränderungen an einer Stelle im Genom erzeugt werden können.
Gentechnisch veränderte Pflanzen, die z. B. resistent gegen Pestizide sind, führen zu Resistenzen bei Schädlingen und unerwünschten Beikräutern. In der Folge steigt der Pestizideinsatz und Boden und Grundwasser werden weiter verunreinigt und geschädigt.
Diese bisher schon bekannten Gefahren würden auch für die Neue Gentechnik gelten.
Das Saatgut wäre sehr teuer; zudem sind alle gentechnisch veränderten Pflanzen patentiert, ein Nachbau damit unmöglich und immer mehr Bauernhöfe würden in die Abhängigkeit von Konzernen getrieben
Das Risiko von GVO auf die Umwelt wird durch das im EU-Recht vorgesehene Vorsorgeprinzip bisher überprüft, diese Regelung soll nun wegfallen. Die aus den neuen NGOs hergestellten Lebensmittel werden ebenfalls nicht überprüft und dürfen ohne Kennzeichnung verkauft werden. Damit steigt das gesundheitliche Risiko.
Zudem ist geplant, auch Wildpflanzen oder Bäume mit einer jahrzehnte- oder jahrhundertelangen Lebensdauer gentechnisch zu verändern. Solche Eingriffe sind nie mehr rückholbar.
Welche Auswirkungen ergeben sich für den Ökolandbau?
Besonders katastrophal wirken sich die Pläne der EU auf die Biolandwirtschaft aus.
Biolandwirt*innen müssen nach wie vor gentechnikfrei produzieren und können sich vor gentechnischer Verunreinigung aus den Nachbarfeldern und im Futtertrog aber nicht mehr schützen, da es keine ausreichende Kennzeichnung geben wird. Warum?
Bisher musste zur Genehmigung eines gentechnischen veränderten Organismus auch ein Nachweisverfahren geliefert werden. Das wird künftig nicht mehr verlangt. Und ohne Nachweisverfahren können kein gentechnikfreies Saatgut und keine gentechnikfreien Futtermittel mehr garantiert werden.
Zudem gibt es kein Standortregister mehr, keine Kennzeichnungspflicht, keine Schutzabstände, keine Regelungen zur Rückverfolgbarkeit und keine Haftungsregelungen. Die Landwirte sind daher nicht mehr in der Lage, die Vorgaben der Gentechnik-Freiheit zu erfüllen.
Die Alternative zu noch mehr Gentechnik ist ein ökologischer Anbau:
Fruchtfolgen verhindern die Ausbreitung von Schädlingen, Unkraut und Bodenmüdigkeit
gesunde Böden sind wichtig für einen optimalen Nährstoffkreislauf und für kräftige und gesunde Pflanzen
Das Immunsystem der Pflanzen sitzt in den Bodenorganismen (Pilze, Bakterien etc.). Das Makro- und Mikrobiom des Bodens darf nicht durch Schadstoffeinträge und zu starke Bodenbearbeitung beeinträchtigt werden, dies wird im Ökolandbau möglichst vermieden.
bisher hat nur die konventionelle Züchtung stabile Resistenzen gegen Pflanzenkrankheiten hervorgebracht
Durch Sortenvielfalt auch im Ökolandbau wird ein großer Pool verschiedener Gene erhalten, durch die Einengung auf wenige gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere würde die Vielfalt verloren gehen und damit die Möglichkeit von Resistenz und Anpassung an Umweltveränderungen
Forderungen des BN:
Bayern muss weiterhin Mitglied der gentechnikfreien Regionen Europas bleiben.
Die Landesregierung und die Bundesregierung müssen sich im Bundesrat und auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass auch die Neue Gentechnik nur mit allen strikten Regulierungsregelungen angewendet werden darf.
Die enormen Forschungskosten für die Neue Gentechnik sollten lieber in die Optimierung des ökologischen Landbaus und in die Entwicklung von klimaresilientem Saatgut durch konventionelle Züchtung investiert werden.