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Natur & Garten

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Exkursion "Leitenwald vor dem Absturz?"

Die Kreisgruppe Traunstein hat am 8. Mai 2015 eine Begehung der Wäschleiten in Traunstein unter dem Thema Leitenwald vor dem Absturz durchgeführt. Für die fachkundige Führung konnten Herr Gerhard Fischer, Stadtförster in Traunstein und Herr Christian Rauscher von der Fachstelle Schutzwaldmanagement am AELF Rosenheim in Marquartstein gewonnen werden.

Von der Ammer bis zur Salzach sind schluchtartig in die Molasse eingeschnittene Flusstäler mit Leitenwäldern an steilen Hängen ein charakteristischer Bestandteil der bayerischen Voralpenlandschaft. Immer wieder kommt es hier zu Hangrutschungen und Erosionsschäden. Am konkreten Beispiel in Traunstein wurde diskutiert, ob und unter welchen Bedingungen der Leitenwald zur Hangsicherung beitragen kann oder selbst zum Risiko für die Hangstabilität wird.

Die Wäschleiten findet sich als Steilhang mit einer Hanglänge bis zu 60 m am linken Traunufer unterhalb der Wartberghöhe in Traunstein. Etwa die Hälfte der begangenen Fläche ist Kommunalwald der Stadt Traunstein, der Rest Privatwald. Zu Beginn des 20. Jhd. war der Bewuchs dünn. Forstliche Maßnahmen unterblieben aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, so dass ein dichter Mischwald aufgewachsen ist. Die Buchen sind vielfach schlank und erreichen Höhen bis 45 m. Brechen diese Bäume aus, kippen sie durch die Hebelverhältnisse nicht einfach um sondern fallen ein Stück frei den Hang hinunter.

Um 1990/1 kam es zu ersten Starkbaumabstürzen und beginnenden Erosionsschäden. Mittlerweile rutscht der Hang an fünf Stellen ab, bei jedem lang anhaltenden Starkregenereignis verschlechtert sich die Situation. Bei Nassschnee kommt es zu größeren Schneebrüchen. Von Beginn der 90er Jahre an wurde versucht mit Einzelbaumentnahmen die Gefahr zu mindern. Nachdem einige Bäume auf die Trasse der Bahnstrecke Traunstein Ruhpolding gefallen waren, forderte die Deutsche Bahn AG die Stadt Traunstein auf, die Verkehrssicherheit herzustellen.

Eine Alternative wäre ein Kahlschlag auf der gesamten Fläche gewesen. Die verbleib enden Stöcke können den Hang jedoch nur ca. 20 bis 25 Jahre gegen Erosion schützen. Dies wurde von Herrn Fischer als nicht ausreichend angesehen, damit der aufkommende Jungwald diesen Schutz übernehmen könnte. Er entschied sich daher dafür, die Bäume, die eine Gefahr für die Bahnstrecke darstellen können, zu kappen.

Es wurde versucht, soviel Stammlänge wie möglich zu erhalten, wobei vielfach technische Gründe limitierend waren. Im oberen und unteren Teil wurde mit einem Hydraulikkran gearbeitet, im unerreichbaren mittleren Teil mussten die Arbeiten von Seilkletteren ausgeführt werden. Die Arbeit ist sehr gefährlich, da die Bäume dem Licht entgegen wachsen und Übergewicht zur Talseite haben. Bei der Kappung schlägt der Baum durch die Entlastung z.T. mehrere Meter zurück. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Baum durch die Bewegung entwurzelt wird. Früher wurden die Bäume zum Teil gesprengt.

Die Kappung entnimmt dem Baum etwa 1/3 seines Gewichtes. Viele Bäume hab en seitdem wieder ausgeschlagen, es ist ab er von einer deutlich verkürzten Lebensdauer auszugehen. Die Bäume werden dann als stehendes Totholz zersetzt und verlieren dabei so viel Gewicht, dass sie beim Umstürzen keine Gefahr für die Bahnstrecke am Hangfuß mehr darstellen. Es wird mit 30bis 60 m cbm Totholz pro Hektar gerechnet. Heute zeigt sich der Hang außerhalb der Rutschungen wieder dicht begrünt, wobei insbesondere lichtliebende Arten keimen. Der Hangb o den ist feucht und nährstofffreich, so dass die Bäume schnell wachsen.

Die Diskussion zeigte auf, dass für die Situation die Geologie des Hanges entscheidend ist. Der Hang ist ein Konglomerat aus Flussediment und Molasse, ob und in welcher Tiefe hinter der Hangfläche fester Nagelfluh ansteht, ist nicht genau bekannt. Das Konglomerat ist bei Trockenheit außerordentlich hart, so dass Baumwurzeln es nicht durchdringen können. Selbst tief wurzelnde Baumarten können vielfach nur kleine, flache Wurzelteller ausbilden. Im Konglomerat bildet die Molasse schieferartige Schichten, die in Hangrichtung gekippt sind. Werden diese von Quellaustritten im Hang und besonders bei längerem Regen durchfeuchtet, rutschen ganze Schichten mitsamt der Bestockung ab.

Am Hangfuß bilden sich Schwemmkegel, die erst längere Zeit verwittern müssen, bevor wieder Wald aufwachsen kann. Derzeit sind diese mit Kraut und z.T. Schilf bewachsen. Eventuell wäre es sinnvoll, diese zusätzlich frei zu stellen, damit lichtliebende Arten schneller Fuß fassen können.

Die Geologie wechselt an diesen Leiten sehr rasch, oft auf wenigen Metern. Andere z.T. unmittelbar angrenzende Bereiche des Trauntals haben stabile Hänge. Die forstlichen Maßnahmen müssen sich diesen Unterschieden anpassen.

Das Tiefbauamt der Stadt Traunstein schlägt alternativ eine Verankerung an dem vermuteten Nagelfuh hinter der Hangfläche und eine Leiterverbauung vor. Die Kosten für die derzeit bestehenden Erosionflächen werden auf 120 000 euro geschätzt. Herr Rauscher wies darauf hin, dass für eine derartige permanente Verbauung im Lawinenschutz auch nur von einer Lebensdauer von 40 bis 60 Jahren ausgegangen werden kann. Für die forstlichen Manahmen wurden bislang ca. 50 000 euro aufgewendet. Sie stellen sich also kostengünstiger dar, dürften jedoch kleinere Privatwaldbesitzer immer noch überfordern. Forstliche Maßnahmen dürfen jedoch immer nur als Verringerung des Risikos gesehen werden, sie können keine absolute Sicherung bieten. Diese kann eigentlich nur durch eine Verringerung der Hangneigung erreicht werden. Nicht die Natur oder der Hang ist das Problem, sondern der Mensch, der mit Siedlung und Verkehrswegen oben und unten zu nahe an die Hänge vordringt.

Stark buchendominierte Bestände haben am Steilhang immer einige Nachteile hinsichtlich ihrer Schutzfunktionen, selbst dann wenn sie der natürlichen Bestockung weitgehend entsprechen. Die Buche lässt als Schattbaumart kaum andere Baumarten unter ihrem dichten Kronendach aufkommen. Da die einzelnen Bäume in höherem Alter recht weiträumig auseinanderstehen ist ihre Erosionsschutzwirkung begrenzt.

Eine bessere Schutzwirkung entfalten ungleichaltrige, gut strukturierte Mischwälder aus Fichte, Tanne und Buche mit Bergahorn. Sie bei einer Buchen-Ausgangslage zu etablieren ist allerdings wegen der Konkurrenzkraft der Buche meist schwierig. Auch deshalb sollten entstehende Lücken zum Einbringen von Mischbauarten - etwa der tiefwurzelnden Tanne genutzt werden.

Im begangenen Waldstück war die Esche häufig vertreten. Durch das Eschentriebsterben geschädigte Bäume erweisen sich als besonders anfällig für Windwurf und stellen in den Leitenwäldern derzeit ein zusätzliches Problem dar.

In Südtirol werden vergleichbare Hanglagen erfolgreich als Niederwald bewirtschaftet und regelmäßig auf Stock gesetzt. Die wäre auch hier eine Alternative, ist jedoch in dem extrem steilen Gelände schwierig und teuer in der Durchführung. Gleiches gilt für den Wunsch, kleinwüchsige Baumarten in der Durchforstung der Verjüngung zu bevorzugen.

Oberhalb des Hangs befindet sich ein Siedlungsgebiet mit z.T. noch großen, alten Gärten. Herr Fischer berichtete, dass von dort immer wieder Grüngut in erheblichem Umfang über die Hangkante abgekippt wurde und sich in dichten Schichten ablagerte, die den aufkommenden Jungwuchs behinderten oder sogar unterdrückten. Erst durch das Aufstellen von Hinweisschildern auf der ganzen Länge konnte die Situation verbessert werden.

Christian Rutkowski