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Exkursion "Tanne hat Zukunft!" am 23. Juni 2017

Tanne hat Zukunft! Unter diesem Motto stand die Waldexkursion 2017 der Kreisgruppe Traunstein in das Bucheter Holz bei Schnaitsee, die in Kooperation mit dem AELF Traunstein durchgeführt wurde.

In seinem Impulsreferat ging FAA Christopher Stumvoll darauf ein, dass die Tanne in der natürlichen Waldgesellschaft unserer Region eigentlich mit einem Anteil von ca. 15% vertreten wäre. Erst in den letzten 150 Jahren sei ihr Anteil zugunsten der Fichte auf ca. 2% zurück gedrängt worden. Dabei fände die Tanne mit ihrer Pfahlwurzel auch in tiefen, schweren Gleye-Böden ausreichend Halt und bei anhaltender Trockenheit länger Wasser als ein Flachwurzler wie die Fichte. Sie wachse aber auch an feuchten oder nassen Standorten. Die Tanne wäre daher die heimische Nadelbaumart, die am besten mit dem Klimawandel und den zu erwartenden zunehmenden Trockenzeiten und Sturmereignissen zurecht käme. Zudem könne sie lange Zeit im Schatten eines geschlossenen Kronendachs langsam heranwachsen und wäre ideal für die Vorausverjüngung unter Schirm und eine Bewirtschaftung der Fläche als Dauerwald. Auf geräumten Flächen täte sie sich dagegen gegen schneller heranwachsende Baumarten schwer. Eine Vielzahl von Lebewesen sei auf die Tanne als Lebensraum spezialisiert, z.B. der Tannenstachelbart. Da Tannen bis zu 60m hoch werden können, sind sie beliebte Horstbäume für Dohlen und Greifvögel. Die Tanne wird zwar von Buchdrucker und Kupferstecher nicht befallen, es gibt aber andere, auf die Tanne spezialisierte Borkenkäfer. Eine Monokultur von Tannen wäre daher ähnlich gefährdet wie eine Fichtenmonokultur und es sei auf jeden Fall eine Waldgesellschaft mit einer standortgerechten Mischung mehrerer heimischer Baumarten anzustreben.

Ursachen für den Rückgang des Tannenanteils wurden darin gesehen, dass aufgrund der Holznot im 19. Jahrhundert und der Ausplünderung der Wälder im Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen in der Forstwirtschaft sehr stark in Richtung Fichte gearbeitet worden wäre. Zudem sei die Tanne bei Zimmerern wegen Ihres Gewichts und Trocknungsverhaltens lange Zeit nicht so beliebt gewesen. Ein ganz wesentlicher Grund sei jedoch der über lange Zeit zu hohe Wildverbiss. Dort, wo es gelungen sei diesen deutlich zu reduzieren, würde der Tannenanteil wieder von alleine steigen.

Die Tanne sei ebenso vielseitig verwendbar wie die Fichte, jedoch deutlich stabiler und günstiger für den Nährstoffkreislauf im Wald und sie verjünge sich viel leichter als die Fichte.

Revierförster Helmut Gattinger stellte die Frage, wie viele Sämlinge auf einem Quadratmeter aufgehen würden. Die Schätzungen der Teilnehmer gingen weit auseinander, so dass eine willkürlich ausgewählte Fläche scheinbar ohne Aufwuchs abgesteckt und ausgezählt wurde. Auf einen Hektar hochgerechnet wurden ca. 460000 Sämlinge gezählt, darunter alleine ca. 40000 Tannensämlinge. Auf derselben Fläche stocken aber nur 200 bis 800 Altbäume. Herr Gattinger betonte angesichts dieser Zahlen, dass die Naturverjüngung der Tanne also kein Problem sondern fast immer möglich sei. Jungbäume aus der Naturverjüngung hätten gegenüber gepflanzten Bäumen ein besser entwickeltes Wurzelwerk, stammten aus autochtonem Samenmaterial und stünden am richtigen Standort. An die Verjüngung müsse aber immer gedacht werden und nicht erst bei der Planung der nächsten Holznutzung. Gerade die Tanne müsse ausreichend Zeit für ein Jugendstadium unter Schirm haben.

Etliche, zum Teil schon mehrfach am Leittrieb verbissene Jungtannen machten deutlich, warum auf der ausgezählten Fläche nicht schon längst ein dichter Unterwuchs zu finden sei. Die früher übliche Einzäunung großer Flächen wird heute kritisch gesehen. Landwirt Josef Wimmer entgegnete, ohne Weiserzaun – eine ca. 10 Quadratmeter eingezäunte Waldfläche - könne man der Jägerschaft nur schwer verdeutlichen, was an Aufwuchs bei geringerer Wilddichte möglich wäre. Hans Kornprobst, Mitglied im Landesbeirat und Sprecher des Landesarbeitkreis Wald des BN wies nochmals auf die Zahl der Sämlinge hin und betonte, es sei kein Problem, wenn einzelne Jungtannen verbissen würden, solange ausreichend gesunder Nachwuchs möglich sei. Dies sollten auch die Jäger erkennen. Solange die jährliche Abschussquote über die Zeit stabil erfüllt werden könne, wäre davon auszugehen dass die Bestandsdichte an Rehwild im Sommer etwa das Dreifache der Quote betrage, auch wenn scheinbar kein Reh zu sehen sei. Ein Teilnehmer berichtete von der nächtlichen Suche nach einem ausgerissenen Kalb mit der Wärmebildkamera der örtlichen Feuerwehr, bei der zwar nicht das Kalb aber jede Menge Rehe gefunden wurden.

Aus einem Jungbaum mit verbissenen Leittrieb kann kein hochwertiges Stammholz heranwachsen, flächiger Verbiss beeinträchtigt also nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität des Aufwuchses. Werner Schindler, 1. Vorsitzender der WBV Traunstein erklärte, dass für eine Partie Tanne derselbe Holzpreis zu erzielen sei wie für anderes Nadelholz und dass der Tannenabschlag dadurch zustande komme, dass die Sägewerke einzelne Tannenstämme aus einer Partie Fichte aussortieren, zwischenlagern und ggf. sogar weiterverkaufen müssten. Gerade große Sägewerke seien auf die Verarbeitung einzelner Tannen nicht eingerichtet. Trotz des Tannenabschlags brächte heute aber eine gesunde Tanne einen besseren Preis als ein dürrer Käferbaum. Die WBV biete als Dienstleisung an, Tannen zusammen zu fassen und als Partie zu vermarkten.

Herr Schindler erklärte auch, dass für das Ziel, einen Dauerwald zu schaffen, die Auswahl der zu nutzenden Bäume nach anderen Kriterien als bisher üblich getroffen werden müsste. Herr Kornprobst stellte die Frage, wer denn diese Auswahl träfe. Herr Gattinger betonte, dass sein Revier zu groß sei um dies in allen Fällen leisten zu können und dass er überhaupt nur noch in etwa einem Drittel der Fälle zur Beratung angefragt würde. Herr Schindler berichtete, dass dies bei anderen WBV mit als Dienstleistung angeboten würde, die dafür zum Teil eigenes Personal eingestellt hätten. Allgemein wurde festgestellt, dass es immer weniger Waldbesitzer gäbe, die noch aus der Landwirtschaft kommen und Orts- und Vorkenntnisse mitbrächten. Die Teilnehmer waren sich einig, dass Schulungen wie das Bildungsprogramm Wald (BIWA) des AELF sehr nützlich seien, letztlich aber viel theoretisches Wissen vermitteln würden und praktische Erfahrung ergänzen aber nicht ersetzen könnten. Es sei eine Herausforderung, zu lernen wie ein Mischwald als Dauerwald praktisch zu bewirtschaften sei. Herr Straßer, Sprecher des Agrarbündnis BGL/TS zeigte auf, dass wir heute die Grundlage für den Wald der Zukunft legen würden, aber nicht wissen würden, unter welchen Bedingungen dieser Wald künftig wachsen wird.

Herr Dirnaichner, Vorsitzender der BN Ortsgruppe Schnaitsee warf die Frage auf, wie das Überwuchern des Jungbestands durch Brombeeren verhindert werden könne und ob das Niedertreten sinnvoller als das Schneiden sei um den Austrieb der Brombeere nicht noch zu verstärken. Herr Gattinger erklärte, dass ein Ausmähen im Mai und Juni und bei zu starkem Überwuchern durchaus sinnvoll sei. Eine Mahd ab August / September vermehre tatsächlich die frisch gebildeten Ableger. Frische Brombeertriebe im Sommer und Brombeerblätter im Winter wären zudem eine gute Äsung und können bei angepassten Wildbeständen helfen, den Verbissdruck weiter zu mindern. Beate Rutkowski, Vorsitzende der Kreisgruppe Traunstein des Bund Naturschutz merkte zusätzlich an, dass die Blüten der Brombeere eine wertvolle Nektarquelle für Insekten im Wald seien.

Generell sei das Aufkommen der Brombeere aber ein Zeichen dafür, dass zu viel Licht am Boden sei. Auf Schadensflächen fehlten aber die Möglichkeiten der Regulation.

Herr Wimmer wies auf die besondere Eignung von Tanne als Bauholz hin. Alte Rottaler Bauernhöfe aus Tanne zeigten auch nach Jahrhunderten keinen Befall durch den Holzwurm. Herr Stumvoll bestätigte dies, betonte aber dass Bauholz möglichst nur aus einer Holzart verwendet werden soll. Eine Mischung setze besondere konstruktive Maßnahmen voraus um Schäden durch den unterschiedlichen Gang der Hölzer zu vermeiden.

Abschließend wurde nochmals betont, dass die Tanne auch im Privatwald und auch außerhalb des Bergwalds eine ökologisch wie ökonomisch attraktive Baumart sei. Es sei aber keine Baumart die alleinige Zukunft unserer Wälder und unserer Waldwirtschaft sondern aus Gründen der Risikostreuung müsse eine an die örtlichen Gegebenheiten angepasste, an der natürlichen Waldgesellschaft orientiere Artenzusammensetzung eines Mischwaldes angestrebt werden.

Herr Schindler bedankte sich für die Einladung zu dieser interessanten Informationsveranstaltung und betonte, dass der BN und die WBV naturgemäß unterschiedliche Schwerpunkte in der Forstpolitik setzen würden, die Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Bewirtschaftungsweise und der Jagdfragen doch sehr groß seien und dass man darauf gut aufbauen könne. Frau Rutkowski dankte den Experten für die vielen interessanten Informationen und allen Teilnehmern der Exkursion für die guten Diskussionen.

Auch im kommenden Jahr plant die Kreisgruppe des BN wieder eine Waldexkursion im Landkreis!

 

Christian Rutkowski