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Fast Fashion - 65,3 Milliarden Euro

So viel Geld und damit so viel Geld wie noch nie gaben die Deutschen im Jahr 2023 für Bekleidung aus. Dabei ist das Bewusstsein für einen nachhaltigeren Umgang mit Mode in den letzten sieben Jahren signifikant gestiegen. Was treibt uns dazu, jedes Jahr rund 60 Kleidungsstücke zu kaufen, wenn gleichzeitig rund 60 % der Befragten angeben, mehr Kleidung zu besitzen, als sie brauchen?

Bekleidung ist somit laut dem statistischen Bundesamt hierzulande das umsatzstärkste Konsumgütersegment und verzeichnet seit Jahren steigende Umsätze. Dabei ist das Bewusstsein für einen nachhaltigeren Umgang mit Mode in den letzten sieben Jahren signifikant gestiegen.

87 Teile

Oberbekleidung

besitzen wir im Durchschnitt

60 Teile

kaufen wir pro Jahr

im Durchschnitt

40 %

unserer Kleidung hängt

fast unbenutzt im Schrank

Die Anzahl an Kleidungsstücken, die bei den Deutschen im Schrank hängen, hat laut einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie in den letzten Jahren abgenommen. Waren es 2015 im Durchschnitt 95 Teile pro Person und im Jahr 2019 noch 92 Stück, so besitzt 2022 im Durchschnitt jede erwachsene Person (18 - 69 Jahre) in Deutschland nur noch 87 Teile. Insgesamt liegen und hängen rund 4,9 Milliarden Kleidungsstücke in den deutschen Schränken – Socken und Unterwäsche nicht mitgezählt.

Was treibt uns dazu, jedes Jahr rund 60 Kleidungsstücke zu kaufen, wenn gleichzeitig rund 60 % der Befragten angeben, mehr Kleidung zu besitzen, als sie brauchen?

Viele Kleidungsstücke werden 2022 deutlich länger im Kleiderschrank behalten bevor sie ausgemustert werden als noch 2015. Trotzdem werden die Kleidungsstücke nicht deutlich häufiger getragen als früher. Noch immer wird jedes fünfte Kleidungsstück seltener als alle 3 Monate getragen. Und auch wenn der Berg der „nie, oder so gut wie nie“ getragenen Kleidungsstücke abgenommen hat, so machen sie doch noch immer 17 % der Kleidungsstücke in den deutschen Schränken aus. Zählt man diese ungeliebten Teile hinzu, kommt man im Jahr 2022 auf rund 1,8 Milliarden praktisch ungetragene Kleidungsstücke in ganz Deutschland. Fast 40 % der deutschen Textilien wurden weiterhin demnach nur für den Schrank produziert – und sind praktisch unbenutzt

Warum kaufen wir immer wieder Kleidung?

Bereits 2017 beschrieb die britische Ellen MacArthur Foundation in einer Studie, dass es vor allem emotionale und nicht rationale Gründe gibt, so viel Geld für Kleidung auszugeben. Darin identifizierte sie sechs Kategorien von Kunden der Textilindustrie mit höchst unterschiedlicher Motivation:

Kleidung günstiger als zum regulären Preis zu kaufen ist für sie eine starke Motivation. Sie sind auf der Suche nach Rabattaktionen, Sonderverkäufen und Gutscheinen – ob im Kaufhaus, im Outlet oder im Internet.

Durch ihre Kleidung möchten sie sich von der Masse abheben und sind auf der Suche nach neuen Trends und Ideen, kombinieren ausgefallene Farben und verschiedene Stile oder fertigen ihre Kleidung nach ihren Vorstellungen selbst an.

Durch ihre Kleidung möchten sie ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe zeigen und passen ihren Stil und ihre Bezugsquellen entsprechend an.

Sie kaufen, was ihr Idol im letzten Video oder dem letzten Presseartikel trägt, am liebsten aus dessen eigener Kollektion.

Sie achten beim Kleidungskauf auf Material und Zertifikate und kaufen bevorzugt Mode alternativer Labels oder aus zweiter Hand.

Für sie ist Kleider kaufen schrecklich – gekauft wird, möglichst ohne Anprobe, was ersetzt werden muss. Und wenn die Schlange an der Kasse zu lang ist, verschieben sie den Kauf gerne auf ein anderes Mal.

Alternative, nachhaltigere Geschäftsmodelle

Für alle diese Gruppen zeigt die Studie auf, wie durch alternative Geschäftsmodelle sowohl ihre individuellen Bedürfnisse besser als durch das Modell „kaufe viel und billig und wirf es bald weg“ befriedigt werden können als auch eine Trendumkehr hin zu hochwertiger, langlebiger Kleidung wirtschaftliche Vorteile für Hersteller wie Kunden bringen kann.

23 %

leihen sich Kleidung

privat aus.

45 %

kaufen auch

gebrauchte Kleidung.

50 %

reparieren Kleidung

zumindest gelegentlich.

Diese Geschäftsmodelle ähneln dem, was bei unseren Autos seit Jahren erfolgreich praktiziert wird:

Gebrauchwagenhandel ist uns allen geläufig und kennt viele Spielarten - vom Hinterhof, bei dem alle Klischees bedient werden, bis zu den Jahreswagen, die das Autohaus präsentiert. Auch bei Kleidung ist „Second Hand“ die wohl bekannteste Alternative zu dem linearen Modell kaufen, tragen, wegwerfen. Neben Angeboten, bei denen eher soziale Aspekte im Vordergrund stehen, gibt es auch in Traunstein Läden für edle Mode aus zweiter Hand. Der Erwerb von Secondhand-Kleidung ist laut der Erhebung von Greenpeace die mit Abstand am häufigsten genutzte Alternative zum Neukauf. 2022 gab mit 45 % der Befragten fast die Hälfte der Deutschen an, Kleidung auch gebraucht zu kaufen.

Car-Sharing hat sich, vor allem im städtischen Umfeld, längst etabliert. Laut der Umfrage 2022 hat etwa jeder Siebte auch Kleidung gemeinsam gekauft und sich geteilt.

Die Kontaktbeschränkungen während der Pandemie haben einen deutlichen Rückgang nicht kommerzieller Angebote wie Kleidertauschparties, um gebrauchte Kleidung weiterzugeben, bewirkt. Leider sind auch niederschwellige Angebote wie ein jederzeit zugänglicher Kleiderständer in einer Traunsteiner Passage verschwunden. 2022 gaben nur noch 9 % aller Befragten an, Kleidung zu tauschen. Langsam werden aber im Landkreis an Schulen oder kirchlichen Einrichtungen wieder mehr Möglichkeiten zum Kleidertausch organisiert.

Niemand würde sich einen neuen Lieferwagen kaufen, nur weil er umzieht. Entweder haben wir einen guten Bekannten, der uns seinen Lieferwagen für ein Wochenende leiht oder wir mieten einen bei einer Autovermietung. Ähnliche Geschäftsmodelle sind dort denkbar oder bereits realisiert, wo die individuelle Nutzungsdauer deutlich unter der Lebensdauer des Kleidungsstücks liegt: Festliche Mode für die Abiturfeier, Umstands- und Babybekleidung sind Beispiele. Als kommerzielles Geschäftsmodell ist das noch eine Nische, nur 7 % der 2022 Befragten gaben an, diese Möglichkeit schon einmal genutzt zu haben. Dabei werden deutliche Altersunterschiede sichtbar: Unter den 18- bis 29-jährigen waren es bereits 15 %. Populärer ist die private Ausleihe von Kleidung: Immerhin 23 % aller Befragten und 38 % der Jüngeren ergänzen so ihre Gaderobe auf nachhaltige Art.

Firmenfahrzeuge oder Dienstwagen werden heute meist geleast und am Vertragsende gegen ein neues Fahrzeug eingetauscht. Für Berufskleidung oder Hotelwäsche sind ähnliche Modelle heute bereits weit verbreitet, wobei der Dienstleister auch Reinigung und Pflege übernimmt. Erste Unternehmen bieten schon an, Bekleidung jeweils für eine feste Dauer im Abonnement zu mieten.

Zu jedem Automodell gibt es eine mehr oder weniger lange Liste mit Sonderausstattungen von der Sportfelge über die Lackfarbe bis zu den diversen Assistenzprogrammen. Die heutige Produktionstechnik und Logistik würde es grundsätzlich möglich machen, auch für hochwertige Kleidung Sonderausstattungen anzubieten, um dem Wunsch nach Individualität zu entsprechen. In eine ähnliche Richtung gehen Projekte, Teile einer modular gefertigten Kleidung (wie Ärmel, Kragen etc.) individuell kombinieren zu können.

Bis ins 19. Jahrhundert wurde Kleidung praktisch immer nach Maß angefertigt. Moderne Computertechnik macht es heute möglich, dass im orthopädischen Bereich z. B. das Fußbett von Schuhen oder Kompressionsstrümpfe nach einem 3D-Scan optimal angepasst gefertigt werden. Erste Unternehmen bieten bereits solche nach 3D-Scan maßgeschneiderte Kleidung an.

Bei einem Defekt oder Blechschaden am Auto ist der Besuch der Werkstatt – ob nun eine freie Werkstatt oder als Teil des Autohauses - üblich. Beides lässt sich als Geschäftsmodell auch auf Kleidung übertragen: Neben Änderungsschneidereien bieten Marken und Händler nicht nur neue Kleidung von der Stange, sondern auch einen Reparaturdienst. Speziell im Bereich von Outdoorkleidung gibt es entsprechende Angebote bereits von mehreren Herstellern. Wie bei einem Auto kombinieren die Hersteller dies teilweise mit erweiterten Garantien über die gesetzliche Produkthaftung hinaus oder mit kostenpflichtigen Service-Verträgen.

In der Umfrage gab 2022 jeweils nur rund die Hälfte der Befragten an, schon einmal ein Kleidungsstück selbst repariert zu haben bzw. zur Reparatur gegeben zu haben. Diese Zahlen haben sich seit 2015 kaum verändert.

Heute bestehen immer noch hygienische Vorbehalte gegenüber bereits von anderen getragener Kleidung – aber kaum jemand hat im Urlaub Vorbehalte gegenüber einem Hotelbett, weil die Bettwäsche schon von anderen Gästen benutzt (und anschließend gewaschen) wurde.

Eine nachhaltige Wirtschaftsweise

Die Ellen MacArthur Foundation ermittelte einen weltweiten Wertverlust von fast 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr, weil noch brauchbare Kleidung auf der Müllkippe oder in der Müllverbrennung landet. Die Kreisgruppe Traunstein des BUND Naturschutz ist nicht davon überzeugt, dass die Anstrengungen der Branche, die negativen Auswirkungen des heutigen, linearen Geschäftsmodells zu reduzieren ohne die Einbahnstraße von der Produktion über den Handel zur Müllverbrennung in einen Kreisverkehr zu verändern, zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise führen.

Für eine nachhaltige Wirtschaftsweise sieht den Kreisgruppe folgende Punkte als unabdingbar an:

  • In erster Linie muss das eingesetzte Material sicher und gesund sein, um negative Auswirkungen während der Produktions-, Nutzungs- und Nachnutzungsphase zu vermeiden. Eine verbesserte Transparenz und gemeinsame Normen würden den Ausstieg aus bedenklichen Stoffen erleichtern. Sowohl bei der Produktion als auch beim Waschen der Kleidung dürfen weder Schadstoffe noch Mikrofasern aus Kunststoff unbeabsichtigt in die Umwelt und die Meere gelangen.
  • Die Art und Weise, wie Kleidung entworfen, verkauft und verwendet wird, muss das Ziel haben, Kleidung von ihrem zunehmenden Wegwerfcharakter zu befreien. Die Erhöhung der durchschnittlichen Tragedauer von Kleidung ist der direkteste Hebel zur Wertschöpfung und zur Vermeidung von Abfall und Umweltverschmutzung. Die Entwicklung und Herstellung von qualitativ hochwertigerer Kleidung und der Zugang zu ihr über neue Geschäftsmodelle würden dazu beitragen, dass Kleidung nicht mehr als Wegwerfartikel, sondern als langlebiges Produkt wahrgenommen wird.
  • Bekleidungsdesign, -sammlung und -wiederaufbereitung müssen mit dem Ziel eines Recycling zu neuer Kleidung für den lokalen Markt weiter entwickelt werden. Das setzt z.B. eine Abkehr von Mischgeweben voraus. Garantien auf Kleidung und ein Rücknahme- und Recyclingsystem auf Unternehmensseite wären große Fortschritte im Kampf gegen die Wegwerfkultur. Ein Export von Altkleidung in Länder der dritten Welt führt heute dazu, dass diese Kleidung höchstens ein weiteres Mal genutzt und dann verbrannt oder deponiert wird, da in diesen Ländern Systeme zur Altkleidersammlung fehlen und ist kein Beitrag zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise.
  • Effiziente Nutzung von Ressourcen und Umstellung auf erneuerbare Rohstoffe. Der Bedarf an Rohstoffen würde durch eine bessere Nutzung der Kleidung und ein verstärktes Recycling drastisch sinken. Dennoch wird wahrscheinlich immer ein Bedarf an neuen Rohstoffen bestehen. Wo solche Materialien benötigt werden und keine recycelten Materialien verfügbar sind, sollten sie zunehmend aus erneuerbaren Ressourcen stammen. Dies bedeutet, dass nachwachsende Rohstoffe für Fasern auf Kunststoffbasis und regenerative Landwirtschaft zur Erzeugung nachwachsender Rohstoffe eingesetzt werden.