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Demo gegen Atomkraft am 30.04.2011

Redetext von Hermann Eschenbeck, 2. Vorsitzendner der Kreisgruppe Traunstein:

Liebe Freundinnen und Freunde, Gegner der Kernkraft,

Die Halbwertszeit von Plutonium beträgt 24 000 Jahre, das wussten wir schon immer. Die Halbwertszeit des Vergessens nach einer atomaren Katastrophe dauert vier Wochen – zumindest bei der Atomlobby.  Das erfahren wir in diesen Tagen.  Fukushima hat uns eigentlich mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass sich ein Supergau auch in einem Hochtechnologie-Land ereignen kann, dass ein Super-Gau einen Staat an den Abgrund führen, dass er eine Industrienation aus dem internationalen Wettbewerb werfen kann, dass er die dauernde Räumung von ganzen Regierungsbezirken nach sich zieht,  den Verlust von Eigentum und Existenz für Hunderttausende.

Und was bekommen wir einen Monat nach Fukushima von der Lobby zu hören? Der Ausstieg aus der Kernenergie dürfe für die deutsche Industrie nicht zu teuer werden. Die Erneuerbaren seien nicht grundlastfähig. Die Deutschen hätten schon immer einen Hang zur Hysterie gehabt. Und wenn es wirklich ernst wird vor ihrer Haustür, dann wollen sie auch keine Windräder und Pumpspeicher. Herr Grossmann von RWE entdeckt plötzlich die armen Leute und macht sich Sorgen, dass die ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können.   Und überhaupt: Es sei widersinnig, die sicheren deutschen AKWs abzuschalten und den Strom aus  den Russenreaktoren in Osteuropa zu beziehen. Eine Tageszeitung hat sogar eruiert, dass 70% der deutschen Bevölkerung gegen eine Stilllegung der deutschen Reaktoren seien, wenn die die AKWs im grenznahen Ausland am Netz blieben.

Liebe Freunde, bei solchen Umfragen kommt es doch immer auch auf die Fragestellung an: Stellen Sie sich den evakuierten Familienvater vor, der nachts mit Frau und Kindern in einer eiskalten Turnhalle sitzt und soeben erfährt, dass er und die Seinen nie mehr zurück nach Hause können, weil dort alles für 100 Jahre verstrahlt ist. Und jetzt fragen Sie ihn, ob er in den vergangenen Jahren nicht doch lieber fünf Prozent seines Einkommens für die Energiewende hätte bezahlen wollen.

Die Kampagne, die die Atomlobby gerade fährt – für den Ausstieg vom Aussstieg vom Ausstieg vom Ausstieg -  will uns vor allem vergessen machen, dass der Supergau  sich jeden Tag auch Deutschland und in Westeuropa ereignen kann. Dabei denke ich gar nicht an Alterungsprozesse in AKWs, an korrrodierte Leitungen und Transformatorbrände, an leichtsinnige Ingenieure und was sonst noch alles los war zwischen Windscale und Forsmark.

Nein, Seit dem 11. September 2001 wissen wir: Ein terroristischer Anschlag auf ein AKW ist kein „Restrisiko“, sondern eine ganz reale Gefahr. Unsere Bundeskanzlerin hat zur Begründung des Moratoriums gesagt, man müsse nach Fukushima das Restrisiko neu bewerten. Weiß sie denn nicht mehr aus ihrer Statistikvorlesung, dass ein Unfall mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 1000 Jahren  schon im ersten Jahr dieser Zeitspanne eintreten kann?  Ist sie denn nie mit dem Flugzeug von München, Frankfurt oder Hamburg aus gestartet und in Sichtweite an den dampfenden Meilern  von Ohu, Biblis oder Brunsbüttel vorbeigeflogen?

Kennt sie nicht die Sicherheitsstudien von Oda Becker und Professor Lengfelder, die darlegen, was mit einem Reaktor passiert, wenn ein entführtes Verkehrsflugzeug daraufstürzt?  In diesen Studien werden übrigens auch Bodenangriffe von Kommando-Unternehmen mit Sprengstoff und panzerbrechenden Waffen diskutiert. Sind unsere AKWs in jeder Minute ihrer Betriebszeit gegen  solche Anschläge nach militärischen Standards gesichert? Oder beruht unsere Sicherheitsphilosophie darauf, dass wir die Typen von alKaida für schlaffe Kerle halten, die lieber ihre Wasserpfeife rauchen als den Ungläubigen die Hölle heiß zu machen?

Liebe Freunde, die friedliche Nutzung der Kernenergie in einer Welt, in der es Kriege und internationalen Terrorismus gibt, ist eine tödliche Illusion.

Niemand sagt, dass der Ausstieg aus der Kernenergie leicht wird. Aber wenn er jetzt nicht kommt, nach Fukushima, wann denn dann? Jetzt muss endlich der oft beschworene Ruck durch Deutschland gehen. Wir sind ein reiches Land. Wir haben die Erfinder und Ingenieure für die Zukunftslösungen -  für das intelligente Stromnetz und für die neuen Speichertechniken.  Wir sind heute schon führend in vielen postnuklearen Energie-Technologien und wir können und müssen das noch ausbauen.  Wir müssen vorangehen, dann werden die andern folgen. Glauben Sie mir, die Begeisterung der Franzosen für die Atomkraft ist nicht mehr ungebrochen.  In Weißrussland, in Indien, in China sind viele Menschen gegen die Kernkraft, aber sie werden verprügelt und eingesperrt, wenn sie auf die Straße gehen.

Liebe Freunde, wir können gottseidank demonstrieren – aber nicht nur das! Nach dem Schock von Tschernobyl haben sich die Bürger in Traunstein im Forum Ökologie zusammengefunden und die Erneuerbaren vorangebracht.

Heute ist unser Landkreis in Photovoltaik deutschlandweit vorne. 10% PV-Anteil an der Stromversorgung!  Dank sei  Peter Rubeck und Dr. Rainer Schenk. Und dem Netzwerk vom Watzmann bis zum Wendelstein. Aber warum nicht 10% Photovoltaik überall in Deutschland? Und warum hier im Landkreis nicht mehr als 10%?. Und was ist mit der Kraft-Wärme-Kopplung, mit der Gebäudesanierung, der Energieffizienz? Also, an die Arbeit!

Die Bremser nörgeln, dass die Umweltverbände und die Grünen zwar die Kernkraft abschaffen wollen, aber gegen Windräder und Stromfernleitungen sind. Gegenfrage:
Wer ist wohl schuld daran, dass Bayern in der Windenergie  den schmählichen letzten Platz in Deutschland einnimmt?

Wer in den letzten 20 Jahren die Bemühungen von Jürgen Oberhauser um die Windenergie vor Ort verfolgt hat, der weiß, dass es im Landkreis Traunstein leichter ist eine Zyankali-Fabrik zu bauen als ein Windrad. Daran waren bestimmt nicht die Umweltverbände schuld.  Und dem Herrn Grossmann von RWE, der sich darüber grämt, dass die armen Leute wegen der hohen Ökostrom-Umlage bald im Dunkeln sitzen müssen, geben wir den Rat, dass er sich seine Krokodilstränen spart und von der 20%igen Preissenkung an der Leipziger Strombörse wenigstens ein paar Cent an die Verbraucher weitergibt.

Liebe Freunde, lassen wir uns nicht durch die Rhetorik der Atom-Lobby verunsichern. Gehen wir unsern Weg.

Fukushima soll uns nicht lähmen, sondern anspornen. Wir klauen einfach den Werbespruch von ESSO und malen ihn grün:

Es gibt viel zu tun, packen wir`s an!